Skip to main content
Corona

Lehren aus der Pandemie

Beim Osterfest im Kreis der Familie, beim Wochenendausflug mit Freunden oder beim Besuch im voll besetzten Restaurant spüren manche immer noch ein Gefühl der Erleichterung. Die Unbeschwertheit ist zurück.

Geschrieben von Jan Dörner am . Veröffentlicht in Themen.
Nicht dennoch, sondern genau deswegen sollten wir die Kraft aufbringen, uns die Entscheidungen und die Fehler des Krisenmanagements noch einmal anzuschauen - ebenso aber die Erfolge, die wir im Kampf gegen das tückische Virus errungen haben.
Nicht dennoch, sondern genau deswegen sollten wir die Kraft aufbringen, uns die Entscheidungen und die Fehler des Krisenmanagements noch einmal anzuschauen - ebenso aber die Erfolge, die wir im Kampf gegen das tückische Virus errungen haben.

Beim Osterfest im Kreis der Familie, beim Wochenendausflug mit Freunden oder beim Besuch im voll besetzten Restaurant spüren manche immer noch ein Gefühl der Erleichterung. Die Unbeschwertheit ist zurück.

Geselligkeit ist wieder möglich, für die meisten von uns ohne größere Bedenken: Immerhin ist die Corona-Zeit vorbei. Das bedeutet jedoch nicht, dass wir uns mit den schweren Jahren der Pandemie nicht mehr beschäftigen müssen.

Der Blick zurück ist anstrengend. Es ist mühsam, zurückliegende Debatten noch einmal zu betrachten, Beschlüsse aufzuarbeiten. Die Corona-Jahre haben tiefe Wunden geschlagen, die noch immer nicht verheilt sind: politisch, gesellschaftlich, wirtschaftlich.

Nicht dennoch, sondern genau deswegen sollten wir die Kraft aufbringen, uns die Entscheidungen und die Fehler des Krisenmanagements noch einmal anzuschauen - ebenso aber die Erfolge, die wir im Kampf gegen das tückische Virus errungen haben. Es ist daher richtig, dass die politische Diskussion um eine Betrachtung der Pandemiejahre auch durch die Veröffentlichung der RKI-Protokolle nun an Fahrt gewinnt.

Wir erinnern uns: Gerade zu Beginn der Pandemie befanden sich Politik wie Wissenschaftler im Blindflug. Das Virus war neu, seine Eigenschaften unbekannt, durch Mutationen wandelte es sich rasend schnell. Einen Impfstoff gab es anfangs nicht. Es mussten Entscheidungen im Ungewissen getroffen werden, Nichtstun war keine Option. Die Corona-Maßnahmen fanden stets einen großen Rückhalt in der Bevölkerung. Wer aber zweifelte, geriet schnell in die Kritik.

Masken und Abstandsregeln haben geholfen, die Ausbreitung des Virus zu stoppen. Aus heutiger Sicht waren manche Beschlüsse jedoch übertrieben. Abgesperrte Kinderspielplätze dürften beispielsweise mehr Schaden als Nutzen angerichtet haben, nächtliche Ausgangssperren haben vermutlich wenig dazu beigetragen, Infektionswellen zu stoppen. Waren die Schulschließungen der richtige Weg? Auf welcher wissenschaftlichen Grundlage sind die Beschlüsse gefällt worden? Wo ist der Staat mit den Einschränkungen des öffentlichen Lebens zu weit gegangen?

Diesen Fragen sollten wir noch einmal nachgehen, auch um in der Pandemie gerissene Gräben in unserer Gesellschaft zu schließen. Denn die Polarisierung wirkt bis heute nach. Es geht allerdings nicht darum, die Verantwortlichen aus der Politik oder die Experten von Robert-Koch-Institut oder Ständiger Impfkommission (Stiko) an den Pranger zu stellen.

Eine Aufarbeitung darf nicht von Pandemieleugnern und politischen Spaltern für ihre Zwecke und zur Rechtfertigung einer großen Verschwörungserzählung missbraucht werden. Das Virus hat mehr als 180.000 Menschen in Deutschland das Leben genommen, viele Erkrankte leiden noch immer an den Langzeitfolgen. Eine Rückschau muss daher auch das Ziel haben, für den Fall der nächsten öffentlichen Gesundheitskrise besser vorbereitet zu sein.

Ist der Staat für die Zukunft besser aufgestellt? Alle wussten in der Pandemie, dass die gemeldeten Fallzahlen dem Infektionsgeschehen hinterherhinkten, weil die Gesundheitsämter ihre Daten mit großer Verspätung meldeten. Der Grund war die verschlafene Digitalisierung der Behörden. Haben wir wirklich daraus gelernt? Froh über das Ende der Pandemie zu sein, ist verständlich. Aber die Zeit ist reif, noch einmal zurückzublicken. Ohne Scheuklappen. Und ohne Schaum vorm Mund.

Quelle: BERLINER MORGENPOST