Trumps grenzenloser Furor
Einen ersten Entwurf ihres Rücktrittsschreibens hatte sie schon vor einem Jahr angefertigt, nachdem Donald Trump sie im Kabinett bloßgestellt hatte. Doch der Brief blieb damals in der Schublade, und die amerikanische Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen versuchte mit immer fragwürdigeren Aktionen, den Forderungen ihres Chefs nach einer scharfen Anti-Einwanderungspolitik zu entsprechen. Damit ist es nun vorbei. Am Sonntag musste die 46-Jährige ihren Posten räumen.
Einen ersten Entwurf ihres Rücktrittsschreibens hatte sie schon vor einem Jahr angefertigt, nachdem Donald Trump sie im Kabinett bloßgestellt hatte. Doch der Brief blieb damals in der Schublade, und die amerikanische Heimatschutzministerin Kirstjen Nielsen versuchte mit immer fragwürdigeren Aktionen, den Forderungen ihres Chefs nach einer scharfen Anti-Einwanderungspolitik zu entsprechen. Damit ist es nun vorbei. Am Sonntag musste die 46-Jährige ihren Posten räumen.
Niemand muss der Frau, die für die innere Sicherheit der USA zuständig war, eine Träne nachweinen. Als Chefin einer Mammutbehörde mit 240 000 Beschäftigten hat sich Nielsen abwechselnd als inkompetent, schwach und inhuman erwiesen. Unvergessen sind die Bilder von Minderjährigen, die im vorigen Sommer auf ihre Anweisung hin an der amerikanisch-mexikanischen Grenze von den illegal eingereisten Eltern getrennt und eingesperrt wurden. Kinder in Käfigen - das war selbst für die amerikanische Öffentlichkeit zu viel. Die Praxis musste beendet werden. Ein Mensch mit Anstand wäre schon damals zurückgetreten. Nielsen blieb im Amt.
Gleichwohl wirkt die jüngste Personalrochade im Weißen Haus höchst beunruhigend. Sie ist nämlich Ausdruck der wachsenden Frustration des Präsidenten über das Versagen, die illegale Einwanderung in die USA zu stoppen und damit sein wichtigstes Wahlversprechen einzulösen. Nachdem die Zahl der illegalen Grenzübertritte 2018 auf einen Tiefstand gefallen war, steigt sie in diesem Jahr markant an. Im Februar wurden 76 000 Einwanderer an der südlichen Grenze zu Mexiko aufgegriffen - 18 000 mehr als einen Monat zuvor. Im März dürften es nach Behördenangaben etwa 100 000 gewesen sein. "Unser Land ist VOLL!", twittert Trump wütend. Doch jenseits seiner immer extremeren Verbalattacken, in denen er Asylbewerber pauschal als Kriminelle, Vergewaltiger und Drogenschmuggler oder gar als Tiere verunglimpft, hat der Präsident wenig erreicht.
Sein Milliarden-Plan für eine Mauer zu Mexiko scheiterte im Kongress. Zwar leitet der Präsident nach der Ausrufung des nationalen Notstands nun Gelder aus anderen Haushalten um, aber die Baumaßnahmen kommen nur langsam voran. Seine Androhung, die Grenzübergänge komplett zu schließen, löste wegen der katastrophalen Wirkung für den Handel im eigenen Lager helles Entsetzen aus. "Man kann sich kaum einen selbstzerstörerischeren Plan vorstellen", schrieb das konservative Wall Street Journal. Kurz darauf machte Trump einen Rückzieher.
Experten zweifeln auch an der Sinnhaftigkeit des Einfrierens der Entwicklungshilfe für mehrere mittelamerikanische Staaten, weil dadurch die Fluchtursachen noch verschlimmert werden. Trumps Unmut über seine Erfolglosigkeit hatte sich wiederholt an Nielsen entladen. Ihr Rauswurf deutet darauf hin, dass der Präsident nun einen noch extremeren Kurs in der Einwanderungspolitik fahren will. In der vergangenen Woche hatte er überraschend den Kandidaten für die Leitung der Fremdenpolizei ICE, die für die Abschiebung von Ausländern ohne Papiere verantwortlich ist, zurückgezogen. Er wolle einen Polizeichef, der "härter" ist, erklärte er.
Den Präsidenten kümmern weder Fakten noch Widerstände im Kongress. Längst regiert er auf zahlreichen Posten seines Kabinetts mit kommissarischen Ministern. Die Zahl der Berater, die mäßigend auf ihn einwirken könnten, wird immer kleiner. Derweil wächst Trumps Furor mit jedem Tag. Unbedingt will er seiner Basis endlich einen Erfolg an der Grenze präsentieren. Dafür zahlt er jeden Preis. Kirstjen Nielsen war nur ein Blitzableiter. Das nächste Opfer könnte das amerikanische Asylrecht sein.