Der Winter entscheidet
An den Finanzmärkten werden derzeit zwei Themen diskutiert - und mal hat die eine Seite die Oberhand, mal die andere. Die Akteure sind hin- und hergerissen zwischen Inflationsbefürchtungen auf der einen Seite und Wachstumsbefürchtungen auf der anderen Seite. Und je nachdem, wie die Lage bei den entsprechenden Konjunkturdaten ist oder wie Äußerungen von Notenbankern ausfallen bzw. jene im bekanntermaßen oftmals auch sehr eigenen Urteil der Märkte interpretiert werden, treten bestimmte Marktentwicklungen bei Aktien, Staatsanleihen und Devisen - allen voran beim Euro/Dollar-Paar - auf.
An den Finanzmärkten werden derzeit zwei Themen diskutiert - und mal hat die eine Seite die Oberhand, mal die andere. Die Akteure sind hin- und hergerissen zwischen Inflationsbefürchtungen auf der einen Seite und Wachstumsbefürchtungen auf der anderen Seite. Und je nachdem, wie die Lage bei den entsprechenden Konjunkturdaten ist oder wie Äußerungen von Notenbankern ausfallen bzw. jene im bekanntermaßen oftmals auch sehr eigenen Urteil der Märkte interpretiert werden, treten bestimmte Marktentwicklungen bei Aktien, Staatsanleihen und Devisen - allen voran beim Euro/Dollar-Paar - auf.
Natürlich kann niemand mit Gewissheit sagen, wo die Inflation in den USA oder im Euroraum in sechs oder zwölf Monaten sein wird. In der Nähe des Zielwertes der Notenbanken? Oder weit über dem Wert, der aktuell dies- und jenseits des Atlantiks konstatiert wird? Und genauso wenig können Volkswirte mit hoher Verlässlichkeit angeben, wie sich die Wachstumsraten entwickeln werden. Belebt sich die Konjunktur, oder erhält sie einen kräftigen Dämpfer? Und genau diese Entwicklungspfade dieser beiden volkswirtschaftlichen Größen bestimmen auch die Geschicke der Finanzmärkte in den kommenden Monaten. Dreh- und Angelpunkt wird hierfür die weitere Covid-19-Pandemieentwicklung sein.
Der Winter steht vor der Tür. Ein Blick zurück: In der Pandemieentwicklung hat vor gut einem Jahr geholfen, dass der Winter in vielen Ländern, auch der Eurozone, recht mild ausgefallen ist. Vieles konnte sich im Freien abspielen. Sollte der nun bevorstehende Winter sehr hart ausfallen, so dass die Menschen auch wieder vermehrt gezwungen sind, sich drinnen und nicht draußen aufzuhalten, steigt auch die Gefahr von Infektionen, weil eben vieles nach drinnen verlagert wird. Das würde steigende Inzidenzen bedeuten. Manch einer möchte sich kaum ausmalen, was das wiederum bedeutet angesichts von Inzidenzen von aktuell über 300 (Siebentagessicht je 100 Tsd.). Zur Erinnerung: Vor gut einem Jahr wurden manche Länder angesichts von Inzidenzen von über 50 zu Risikogebieten erklärt. Heute würde man sie - in der Sprache der Kapitalmärkte gesprochen - eher als Safe Haven ansehen.
Verläuft der Winter mild, sind wohl - alles andere gleichgesetzt - eher nicht steigende Infektionen zu befürchten und damit würde dann auch die Gefahr bzw. Wahrscheinlichkeit von Lockdowns verbunden mit wirtschaftlichen Beeinträchtigungen - Umsatz- und Ergebnisrückgängen der Firmen, vermehrter Kurzarbeit, höherer Arbeitslosigkeit etc. - zurückgehen. Wachstumseinbrüche würden somit eher nicht eintreten. Kommt es allerdings zu einem heftigen Winter, steigenden Infektionen und womöglich Lockdowns wäre genau das Umgekehrte zu befürchten. Und ein Konjunktureinbruch ist genau das Letzte, was so mancher Notenbanker jetzt gebrauchen kann. Gegen die höhere Inflation können sich die Währungshüter immer noch mit einer - deutlich - restriktiveren Geldpolitik erfolgreich stemmen. Bislang agiert so manche Zentralbank zurückhaltend - mit Blick auf den Winter abwartend und wahrscheinlich auch hoffend.
Die Europäische Zentralbank (EZB) ist ebenfalls zurückhaltend - allen voran ihre Präsidentin Christine Lagarde. Sie geht von temporären Inflationssteigerungen aus. Die europäischen Währungshüter rechnen weiterhin mit einer zurückkommenden Inflationsrate im gemeinsamen Währungsraum und hoffen wohl auch auf den milden Winter ohne Wachstumseinbruch. Zurückkommende Inflationsraten und ausbleibende Konjunkturbeeinträchtigungen würden die EZB eben gerade nicht zum Handeln in Form höherer Leitzinsen zwingen. Das billige Geld bliebe - zumindest auf Sicht der kommenden sechs Monate - erhalten. Dies ist eine wesentliche Triebfeder der Aktienmarktentwicklung. Der Dax befindet sich ja in Rekordlaune und würde seinen Gipfelsturm in diesem Umfeld - wenn vielleicht auch nur in Trippelschritten - fortsetzen. Das scheint im Markt durchaus gehandelt zu werden. Am Anleihemarkt ist die Entwicklung zuletzt ein wenig uneinheitlich gewesen. Von den Renditesteigerungen ist der Markt der Bundesanleihen in den vergangenen Tagen wieder abgewichen. Die Bundkurve befindet sich wieder davor, komplett im Minus zu handeln. Auch das spricht dafür, dass die niedrigen Leitzinsen der Eurozone dem Markt erhalten bleiben. Das nehmen die Renditeentwicklungen vorweg. Und anhaltend niedrigere Leitzinsen sind auch nicht gerade ein stärkender Faktor für die Gemeinschaftswährung, die zuletzt ja auch unter Druck stand.