Erstaunlich kalt
"Die Sorgen der Menschen ernst nehmen", diese oberste Politikertugend beherrscht Kai Wegner sehr gut - dachte man zumindest lange. Seit seiner Regierungserklärung am Donnerstag sind an diesem Urteil jedoch Zweifel angebracht.
"Die Sorgen der Menschen ernst nehmen", diese oberste Politikertugend beherrscht Kai Wegner sehr gut - dachte man zumindest lange. Seit seiner Regierungserklärung am Donnerstag sind an diesem Urteil jedoch Zweifel angebracht.
In der oft breitbeinigen Berliner CDU stand Wegner bislang für einen neuen Politikstil. Der Regierende Bürgermeister galt als zugewandter Zuhörer, als einer, der mit den Leuten kann und sie versteht. Aber jetzt gibt es Risse in diesem Bild. Denn Wegner ließ seine Empathie genau in der Stunde vermissen, in der es wahrscheinlich so sehr auf sie angekommen wäre wie noch nie in seiner Amtszeit. Berlin nimmt milliardenschwere Haushaltskürzungen vor, ein Aufschrei geht durch die Stadt. In der Kultur und im Sozialbereich stehen wichtige Projekte vor dem Aus. Menschen bangen um ihre Existenzen. Viele wissen nicht, wie es im kommenden Jahr für sie weitergeht.
Und Wegner? Stellt sich am Donnerstag vor die Abgeordneten und verteidigt mit seit Wochen bekannten Argumentationsversuchen den zusammengestolperten Haushalt seiner Koalition. Ein ernst gemeintes Eingeständnis, dass die Art und Weise, wie dieser Haushalt für 2025 - nur knapp zwei Wochen vor dem Jahreswechsel - entstanden ist, nicht optimal war, hätte den Regierenden nicht viel gekostet. Es wäre aber wichtig gewesen. Zwar hätten sich die Berliner davon auch nichts kaufen können, sie hätten aber zumindest den Eindruck haben können, gehört zu werden.
Doch Wegner, der vermeintliche Versteher, verliert in seiner Regierungserklärung kein Wort über die Sorgen der Menschen. Zuviel Kälte, statt viel Empathie - dieser Auftritt war dem Ernst der Lage nicht angemessen.