Im Fachwerk-Fünfeck lernen - Städte wollen gemeinsam mit den Bürgern die Fachwerkstädte entwickeln
Südniedersachsen. Der „Denkmalaktivist“ ist vielleicht schon eine Marke. Diese Bezeichnung fällt immer öfter, wenn es um die aktiven Bürger der Fachwerkstadt Hann. Münden geht. Bernd Demandt ist dieser Denkmalaktivist. Er hat Bürger motiviert, historische Häuser zu retten, hat die Aufmerksamkeit für leerstehende Kulturgüter geweckt, das „Denkmalkunst – Kunstdenkmal-Festival“ ins Leben gerufen und mit dem Projekt „9mal24“ im Oktober 2013 tausende Fachwerkpilger aus Deutschland und europäischen Nachbarländern in die Dreiflüssestadt geholt.
Südniedersachsen. Der „Denkmalaktivist“ ist vielleicht schon eine Marke. Diese Bezeichnung fällt immer öfter, wenn es um die aktiven Bürger der Fachwerkstadt Hann. Münden geht. Bernd Demandt ist dieser Denkmalaktivist. Er hat Bürger motiviert, historische Häuser zu retten, hat die Aufmerksamkeit für leerstehende Kulturgüter geweckt, das „Denkmalkunst – Kunstdenkmal-Festival“ ins Leben gerufen und mit dem Projekt „9mal24“ im Oktober 2013 tausende Fachwerkpilger aus Deutschland und europäischen Nachbarländern in die Dreiflüssestadt geholt.
Mittlerweile gibt es die Bürgergenossenschaft, die ihr erstes Fachwerkhaus gekauft und gemeinsam saniert hat. Unter dem Motto „Wir kaufen uns die Stadt zurück“, bestimmen sie aktiv die Entwicklung dieser Stadt mit.
Derlei Projekte sind es, die das Fachwerk-Fünfeck, eine Kooperation zwischen Duderstadt, Einbeck, Hann. Münden, Northeim und Osterode am Harz, für die Innenentwicklung ihrer Städte nutzen wollen. Nach mehrjähriger Vorbereitungszeit, begleitet von der Planungsgruppe Lange Puche aus Northeim und Dipl. Ing. Hajo Brudniok aus Göttingen, konnte Northeim den Förderantrag zum Bundesprogramm „Nationale Projekte des Städtebaus“ für das Fachwerk-Fünfeck Ende letzten Jahres in Berlin einreichen. Unter 270 Projekten kam das Fachwerk-Fünfeck unter die 21 auserwählten Premium-Projekte des Städtebaus und nimmt dort zudem noch einen prominenten Platz ein.
„Hier werden die Erstellung eines Managementplans und weitere konzeptionelle Maßnahmen gefördert. Der Prozess wird über mehrere Jahre begleitet, die Nachhaltigkeit der Maßnahme sehe ich als gewährleistet“, sagte Bastian Wahler, zuständiger Referent im Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung Bonn im Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit, als er das Fachwerk-Fünfeck Ende Januar bereiste. Im Referat kümmert man sich auch um die Förderung nationaler UNESCO-Welterbestätten, einem fernen Ziel, das alle Projektpartner des Fachwerk-Fünfecks für erreichbar halten.
„Für die Umsetzung der Maßnahmen stehen 800.000 Euro an Bundesfördermitteln zur Verfügung, damit kann ein großer Effekt in den Städten erzielt werden“, sagte Wahler nach seiner zweitägigen Fachwerktour. Insgesamt traf er auf 15 Vertreter der Städte, Peter König und Alexandra Carls von der Oberen Finanzdirektion aus Hannover, Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek aus Einbeck und die Bürgermeisterkollegen Hans-Erich Tannhäuser aus Northeim sowie Harald Wegener aus Hann. Münden, die mit ihrer guten Kommunikation innerhalb der Stadtverwaltungen und Behörden noch einmal mehr vom Projekt überzeugen konnten.
Man kennt sich. Und das schon seit Jahrzehnten. „Diese Städte sind alle Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Fachwerkstädte e. V. und der Deutschen Fachwerkstraße, was das Fundament für diese Partnerschaft bildet“, so Thomas Christansen, Bauamtsleiter und Erster Stadtrat aus Osterode, der die Bewerbung veranlasst hatte. „Zwischen uns Bauamtsleitern entwickelt sich gerade eine sehr gute interkommunale Zusammenarbeit, die auf die Bürgerschaft ausstrahlen soll“, betonte auch Tanja Mehls, Geschäftsbereichsleiterin Bau und Stadtentwicklung, als sie Northeim vorstellte. In Einbeck machte der ehemalige Bauamtsleiter Gerald Strohmeier gemeinsam mit Jürgen Höper auf die Herausforderungen innerhalb der Altstadt aufmerksam. Neben einem reichen Schatz an gut restaurierten Fachwerkhäusern gibt es auch den Leerstand und die Baulücke. „Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir unsere Kultur“, war sein Appell an die Kollegen. Das verbindende Element, Fachwerk aus acht Jahrhunderten, gebe jeder Stadt ihr eigenes charaktervolles Gesicht, sei deren soziales Gedächtnis. „Wir wollen auf unserer Verschiedenheit aufbauen, Gemeinsamkeiten hervorheben und zu positiven Lösungen kommen“, sagte Christiansen.
In Duderstadt konnten Johannes Böning, Fachbereichsleiter Bauen und Wohnen und Jürgen Germerott von der Denkmalschutzbehörde, gut sanierte private und städtische Projekte präsentieren, doch die Leerstandsproblematik in der Altstadt ist auch dort ein Thema. Ein Ärgernis stellen leerstehende und vom Verfall bedrohte Spekulationsobjekte in den Altstädten dar. „Das sind Potentiale, die modern saniert werden könnten“, so Germerott. An Ideenreichtum, wenn es um verwahrloste Hinterhöfe, ganze Häuserzeilen oder den Umbau eines Marktplatzes ging, fehlte es innerhalb der Expertengruppe nicht. In derlei Prozesse soll der Bürger frühzeitig mit einbezogen und bei privaten Initiativen stärker unterstützt werden. Hiermit hat Hann. Münden bereits gute Erfahrungen gemacht, „wie bei den Umbauplanungen des Schlossplatzes“, berichtete Nicole Prediger, Bereichsleiterin der Stadtentwicklung. Vor allem die gute Zusammenarbeit des Denkmalpflegers Burkhard Klapp mit der Bürgergenossenschaft und dem Denkmalaktivisten wurde hier gelobt.
Bei aller Aufmerksamkeit für das Fachwerk-Fünfeck, in dem rund zwei Drittel des niedersächsischen Denkmalbestandes angesiedelt sind, „soll keine Museumslandschaft entstehen, vielmehr sind Modelle gefragt, die den Bedürfnissen modernen Wohnens und gleichzeitig die Erhaltung des Kulturgutes berücksichtigen“, so Johannes Böning. Das Fachwerk-Fünfeck will touristische, wirtschaftliche, ökologische, soziale und kulturelle Themen ausarbeiten und damit die Menschen erreichen, die diese Fachwerklandschaft beleben. Ein Fachwerkmanager und eine Fachkraft für PR-Arbeit mit Sitz in Northeim werden per Stellenausschreibung Anfang Februar gesucht. „In den nächsten drei Jahren sollen sie den Managementplan erstellen, parallel dazu sollten Schlüsselprojekte durchgeführt werden“, so Dirk Puche, der in diesem Zusammenhang bereits das Denkmalkunstfestival nannte. Jetzt gelte es, die Besitzer historischer Fachwerkhäuser in Südniedersachsen davon zu überzeugen, dass dieses Fachwerk-Fünfeck Aufmerksamkeit, Anerkennung und Aufbruchstimmung brauche, so wie es die Bürger Hann. Mündens vormachten, sagte Brudniok. Den Denkmalaktivisten vielleicht als Marke in der Kulturlandschaft zu etablieren sowie weitere übertragbare Modelle vorzuschlagen, sind Stationen auf dem Fahrplan des Fachwerk-Fünfecks, das, mit dem Ziel UNESCO-Weltkulturerbe, planmäßig an Fahrt aufgenommen hat.