Fulda (ots) - "Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren." Die Erkenntnis, mit der FDP-Chef Lindner 2017 den Eintritt in eine Jamaika-Koalition verweigerte, haben die Liberalen nun auch in der Ampel-Koalition gewonnen. Auch wenn Bundeskanzler Scholz den Finanzminister formell gefeuert hat - mit seinem Wirtschaftspapier, das von vielen als Scheidungsantrag gelesen wurde, hat Lindner seine Entlassung provoziert. Wäre er gestern Abend eingeknickt und in der Ampel verblieben, wer hätte ihn noch ernst nehmen sollen?
Man darf Lindner also durchaus ein Stück weit dankbar sein, das Land vor weiteren Ampel-Monaten bewahrt zu haben. Die Rede des Kanzlers nach dem Showdown war geradezu symptomatisch für diese Regierungszeit: alles schönreden, die Realität verweigern und die Schuldigen woanders suchen. Von Selbstkritik und Selbstreflexion war bei Scholz nichts zu erkennen, stattdessen machte er Lindner zum Sündenbock und warf ihm "egoistisches und verantwortungsloses Handeln" vor. Der Heizungsgesetz-Murks, Haushaltstricksereien, die das Bundesverfassungsgericht auf den Plan riefen, bis hin zur völligen Tatenlosigkeit in der Flüchtlingskrise - selten war Staatsversagen so offensichtlich wie bei dieser Bundesregierung. "Ein solches Verhalten will ich diesem Land nicht mehr zumuten", sagte Scholz am Ende seiner Rede über Lindner. Er hätte besser sagen sollen: Eine solche Regierung will ich diesem Land nicht mehr zumuten.
Die Ampel ist also aus - das ist die gute Nachricht. Die schlechte: Regieren wird nach dem Scheitern dieses als "Zukunftskoalition" gehandelten Zweckbündnisses nicht einfacher. Die CDU wird SPD und/oder Grüne brauchen, um überhaupt regieren zu können - also die Parteien, die mitverantwortlich für die Krise des Landes sind und gezeigt haben, dass sie es nicht können. / Bernd Loskant