Politik für die Mittelschicht
Es ist also geschafft: Die Koalition von CDU und SPD hat drei Milliarden Euro aus einem 40-Milliarden-Euro-Etat herausgeschnitten.
Es ist also geschafft: Die Koalition von CDU und SPD hat drei Milliarden Euro aus einem 40-Milliarden-Euro-Etat herausgeschnitten.
Das Gute vorab: Dass die monatelangen Spardebatten weitestgehend geräuschlos verliefen, zeigt, dass es beiden Senatsparteien ernst ist mit dem gemeinsamen Regieren. Schwarz-Rot zeichnete in den vergangenen Wochen und Monaten ein ganz anderes Bild als auf Bundesebene die völlig zerstrittene Ampel, die am Ende an Haushaltsfragen gescheitert war.
Die Sparbeschlüsse sind zum großen Teil nachvollziehbar: Das 29-Euro-Ticket war ein Wahlkampfgeschenk der damaligen SPD-Spitzenkandidatin Franziska Giffey, das wegen Sozial- und Deutschlandticket eigentlich nicht nötig war. Auch das Strecken der Angleichung der Beamtenbesoldung auf das Bundesniveau ist verkraftbar. Genauso wie das Einsammeln von Geld, das beispielsweise in der Wirtschaftsförderung oder beim Bauen nicht ausgegeben wird. Was wehtut, ist der Verzicht, den die Kulturtreibenden erbringen müssen. Das wird in den Spielplänen, bei den freien Künstlern und auf den Theaterbühnen spürbar werden. Arme Menschen in der Stadt wird die Erhöhung des Sozialtickets belasten, auch wenn die Koalitionäre das als verkraftbar ansehen. Der Wegner-Senat setzt aber auch klare Schwerpunkte: Wenig gespart wird im Sozialen und bei Polizei und Justiz. Auch Bildung in Berlin bleibt von der Kita bis zur Universität kostenfrei. Das sind natürlich auch klare Signale an die Wählerschaft von SPD und CDU.
Natürlich hätten Christ- und Sozialdemokraten in bestimmten Bereichen auch die Einnahmen stärken können. Zum Beispiel bei den Parkgebühren für Anwohner. 10,20 Euro pro Jahr sind lächerlich niedrig. Auch bei den von den Sozialdemokraten strikt verteidigten beitragsfreien Kitas und dem kostenlosen Schulessen hätte man die Besserverdienenden zur Kasse bitten können. Aber es ist auch ein Signal in die Stadt, dass dieser Senat nicht nur für die Ärmeren da ist und die Reicheren schröpft. Es ist nämlich die Mittelschicht, die durch derartige Abgaben immer mehr belastet wird und der durch andere steigende Kosten, wie für Energie, Sozialabgaben oder das Wohnen, gefordert ist. Diese Koalition macht Politik für die Mittelschicht, die weite Teile der Gesellschaft trägt. Das ist gut. Dass auch die Grunderwerbsteuer nicht steigt, hilft denen, die hart arbeiten, um sich eine Wohnung kaufen zu können.
Ungewöhnlich im politischen Berlin ist eine weitere Botschaft der Chefsparer: Die Bezirke werden beim Sparen ausgenommen. Früher mussten sie immer ihren Beitrag leisten. Heute ist ihre Bedeutung für die Bürger anerkannt. Fußnote am Rande: Der Regierende Bürgermeister kommt auch so seinem Ziel näher, dass jede Berlinerin und jeder Berliner innerhalb von 14 Tagen einen Bürgeramtstermin bekommt. Denn bei strikten Sparvorgaben hätten die Bezirke mit einer Retourkutsche über die Bürgerämter reagiert.
Aber nun muss es einen Mentalitätswechsel geben: Die Stadt muss wegkommen von einem Denken, dass für alles und jeden der Staat zuständig ist. Berlin kann aus sich selbst heraus nur bedingt wachsen. Wenn die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften knapp 20.000 Wohnungen im Jahr errichten können, sind das immerhin neue Wohnungen. Aber private Investoren können häufig schneller und mehr bauen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Stadt braucht langfristig Investitionen von außen, um zu prosperieren. Bei aller Diskussion über die Lockerung der Schuldenbremse - besser ist es, Geld in die Stadt zu holen.